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Story of Bahnhof Neukirchen

Vor genau 110 Jahren schnauften die ersten Lokomotiven durch das Solmsbachtal. Die Dörfer des abseits gelegenen Tales fanden damit überregional Anschluss.
Waldsolms-Brandoberndorf - Am 1. November 1912 – vor nunmehr 110 Jahren – nahm die Solmsbachtalbahn von Grävenwiesbach über Albshausen nach Wetzlar ihren Betrieb auf. Die 24,5 Kilometer lange Strecke befuhren anfangs täglich zwölf Züge in beide Richtungen. Die Dörfer des abseits gelegenen Tales fanden damit überregional Anschluss. Personen- und Güterverkehr sorgten für einen lang ersehnten Aufschwung in der Region.
Es war ein langer Weg bis zur Eröffnung der Bahnlinie durch das Solmsbachtal. Bereits am 14. Dezember 1890 fand in Usingen eine erste Versammlung mit der Zielsetzung eines Streckenbaus statt.
In der Folge häuften sich solche Versammlungen. Überall trafen sich Interessengruppen, um sich für die lukrative Streckenführungen starkzumachen. So wollten die Geschäftsleute der Wetzlarer Altstadt gerne eine Bahn über Rechtenbach, Niederkleen, Pohlgöns nach Butzbach haben. Die Gießener wünschten eine Linienführung über Klein-Linden, Großen-Linden, Hörnsheim, Hochelheim, Dornholzhausen, Niederkleen, Oberkleen, Griedelbach, Brandoberndorf. Die Butzbacher hätten gerne die Strecke von Brandoberndorf über Espa nach Butzbach weitergeführt.

Gemeinden stellten den Baugrund kostenlos bereit
Am 28. April 1904 fasste schließlich der Wetzlarer Kreistag unter Vorsitz von Landrat Dr. Sartorius den einstimmigen Beschluss, den Bau der Solmsbachtalbahn zwischen Grävenwiesbach und Albshausen mit der Kopfstation Wetzlar voranzutreiben.
Die Planungen wurden allerdings erst für das Jahr 1907/1908 bei der Regierung eingebracht. Der Finanzplan belief sich auf 6.230.000 Mark. Er sah vor, dass das für den Bahnbau erforderliche Gelände kostenfrei zur Verfügung gestellt werden musste. Ansonsten hätten die Kreise Usingen und Wetzlar 730.000 Mark zu zahlen. Die vom Bahnbau berührten Gemeinden stellten das Land schließlich unentgeltlich zur Verfügung. Für den Bahnbau übereigneten auch Fürst Georg Friedrich zu Solms-Braunfels und die Firma Buderus kostenlos Privatland. Die Stadt Wetzlar beteiligte sich mit 5000 Mark und selbst das drei Kilometer von der Strecke entfernt liegende Dörfchen Griedelbach steuerte 600 Mark zu den Kosten bei.

Im Kreis Usingen wurde 1909, im Kreis Wetzlar 1910 mit dem Bau der Eisenbahn-Linie begonnen. Um die Trasse über 24,5 Kilometer durch das Solmsbachtal anlegen zu können, war es erforderlich, bei Burgsolms einen 105 Meter langen und bei Hasselborn einen 1330 Meter langen Tunnel zu bauen. Zudem waren in Bonbaden eine Brücke mit 50 Metern Spannweite sowie im Streckenverlauf neun weitere Überbrückungen und Brücken zu errichten.
Das schwierigste und markanteste Teilstück der Strecke war der Hasselborner Tunnel. Er führt durch den 448 Meter hohen Berg „Gänsrod“ und liegt 90 Meter unter der höchsten Erhebung.
Am 11. Mai 1911 erfolgte nach einjähriger Arbeit der Durchstich des Tunnels, für den 60.000 Kubikmeter Fels herausgebrochen werden mussten.
Gastarbeiter aus zahlreichen Nationen, darunter Italiener, Kroaten, Bosnier, aber auch „allerlei zusammengelaufenes Volk“ waren neben heimischen Arbeitern an den Baustellen tätig.
Am 31. Oktober 1912 erfolgte die Einweihung der Solmsbachtalbahn. Aus Wetzlar und Bad Homburg kommend trafen sich zwei Sonderzüge mit den geladenen Gästen in Grävenwiesbach. 200 Ehrengäste mit den Würdenträgern von Kirche und Staat sowie der Eisenbahnverwaltung bestiegen hier zur gemeinsam Einweihungsfahrt nach Wetzlar einen weiteren Sonderzug.
Nasse Einweihung mit Pauken und Trompeten
An den festlich geschmückten Bahnhöfen entlang der Strecke wurde dieser mit Musikzügen, Chorgesang und Festreden empfangen. Trotz strömenden Regens herrschte an allen Bahnhöfen Riesentrubel. Zum Festessen trafen sich die Gäste in der „Minneburg“ in Wetzlar.
Der „Usinger Anzeiger“ berichtete überschwänglich zur Eröffnung: „Nach fast vierjähriger Bauzeit ist nunmehr das große Bauwerk vollendet. Eine Bahn verbindet jetzt die seither abseits des Weltverkehrs liegenden Orte des Solmsbachtales. Die Strecke beginnt in Grävenwiesbach und zieht sich durch herrliche Wälder und Fluren, zwischen mächtigen Bergen und Felsen nach der Lahngegend. Es ist ein schönes Stück Erde, das die neue Bahnlinie auf eine Länge von 24,5 km durchschneidet“.
Etwas nüchterner sieht das die königliche Eisenbahndirektion Frankfurt in einer Bekanntmachung vom 21. Oktober 1912: „Am 1. November 1912 wird die normalspurige Nebenbahn Albshausen-Grävenwiesbach mit den Bahnhöfen 4. Klasse Braunfels-Oberndorf, Bonbaden, Neukirchen, Kraftsolms, Brandoberndorf und Hasselborn, dem Haltepunkt Burgsolms-Oberndorf und der Holzverladestelle Jägerhaus (Kreis Usingen) für den Personen-, Güter- und Privattelegramm-Verkehr eröffnet. Die neue Linie verbindet die Hauptbahn Gießen-Coblenz mit der Nebenbahn Usingen-Weilmünster. Die Stationen Braunfels, Bonbaden, Neukirchen, Kraftsolms, Brandoberndorf und Hasselborn erhalten Verkehrseinrichtungen zur Abfertigung von Personen, Gepäck, Leichen, lebenden Tieren, Eil- und Frachtstückgut und Wagenladungen unter Ausschluß von Sprengstoffen. Der unbesetzte Haltepunkt Burgsolms-Oberndorf dient nur dem Personenverkehr mit Fahrkartenverkauf durch die Zugpersonale, die Holzverladestation Jägerhaus nur der Verladung von Holz in Wagenladungen...“
Hitlers „Führerzug“ sollte im Tunnel Schutz finden
Zweimal wurde während des Zweiten Weltkrieges der Zugverkehr zwischen Hasselborn und Grävenwiesbach für längere Zeit unterbrochen.
Ende 1939 wurde der Hasselborner Tunnel zum „Führertunnel“ erklärt. Hitlers Sonderzug sollte hier bombensicher abgestellt werden, wenn er sich in seinem Hauptquartier „Adlerhorst“ im nahegelegenen Ziegenberg befand.
1940 richtete Hermann Göring zudem in Hasselborn ein Luftwaffenhauptquartier ein. Hasselborn und Umgebung wurden militärisches Sperrgebiet, der zivile Eisenbahnverkehr zwischen Hasselborn und Grävenwiesbach eingestellt und erst im Oktober 1941 wieder freigegeben.
Nach Bombenangriffen am 4. Oktober 1943 auf die Vereinigten Deutschen Metallwerke (VDM) Heddernheim lagerte das Werk sein Entwicklungs- und Konstruktionsbüro nach Hasselborn aus. Am 9. März 1944 wurde der Tunnel erneut gesperrt und das ganze Gebiet abgeriegelt. Zirka 365 Arbeitskräfte errichteten im Tunnel einen Rüstungsbetrieb. In diesem lief ab 1944 die Produktion von Flugzeugteilen durch die VDM an. Über 1500 Arbeitskräfte, darunter ausländische Zwangsarbeiter und Häftlinge des AEL-Außenlagers Hundtstadt waren in diesem Rüstungsbetrieb tätig. Kurz vor dem Einmarsch amerikanischer Truppen wurde der Betrieb am 23 März 1945 eingestellt.
Krisenvorsorge Wetzlar: Im Notfall reicht Sprit für 21 Tage
Erst 1948 konnte der Tunnel wieder für den Eisenbahnverkehr hergerichtet und freigegeben werden.
Nach 73 Jahren stellte die Deutsche Bundesbahn schließlich am 31. Mai 1985 den Personenverkehr im Solmsbachtal ein. Drei Jahre später – am 27. Mai 1988 – rollte auch der letzter Gütertransport durch das Solmsbachtal. Die Einrichtungen der Bahn wurden zurückgebaut und die wechselvolle Geschichte der Solmsbachtalbahn endete.

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